Methoden

Bedürfnis-Memory

Die Methode ermöglicht Klient*innen eine Identifikation mit ihren persönlichen Wünschen und Zielen vor dem Hintergrund schwieriger Situationen, ungeordneter Gefühle und fixierter Vorstellungen.

Die Methode im Überblick

  • Anleitung: Die Methode kann in ihren Grundzügen auch ohne Training angewendet werden. Eine Vertiefung erfolgt durch Training in Gewaltfreier Kommunikation nach Marshall Rosenberg.
  • Moderation: keine
  • Setting: Einzelkontakt, Kleingruppe
  • Dauer, Zeitaufwand: 30 – 90 Minuten
    Je nach intellektuellen Fähigkeiten oder emotionaler Belastung der Klient*innen kann es sinnvoll sein, die Schritte anfänglich auf mehrere Treffen zu verteilen.
  • Anwendungsturnus: vorzugsweise wiederholt
  • Material: je nach Anzahl der Teilnehmenden ein oder mehrere Sets Bedürfniskarten1, ein Stapel leerer Karten, Stifte

Anwendungsbereiche und Ziele

  • in der Arbeit mit einer Gruppe zum Erlernen eines Bedürfnisvokabulars
  • in Einzelarbeit zum Entwickeln von neuen Hilfeplanzielen, die auf den Bedürfnissen der Klient*in basieren
  • in der Arbeit an einer akuten Problemstellung im Leben einer Klient*in, um gemeinsam neue Handlungsoptionen zu finden

Kurzbeschreibung

Vielen Menschen fällt es schwer, ihre Bedürfnisse konkret zu benennen. Zudem gelingt ihnen häufig nicht die Unterscheidung zwischen Bedürfnissen und Strategien. Der Wunsch, ein Eis zu essen, kann etwa die Strategie sein, um sein Bedürfnis nach Nahrungsaufnahme zu erfüllen. Er kann aber auch für das Bedürfnis stehen, sich mit anderen Menschen zu treffen oder einen Ausflug zu machen. Die bewusste Arbeit mit Bedürfnissen und Strategien ermöglicht es, hinter die Fassaden zu schauen und unterstützt Klient*innen auf dialogische und spielerische Weise darin, ihre Bedürfnisse zu klären und Strategien zu entwickeln. Dabei öffnen sich neue Handlungsoptionen und ein verengter Blick auf belastende Situationen wird geweitet. Vor allem in der wiederholten Arbeit mit der Methode entwickeln Klient*innen Flexibilität und Kreativität im Finden von Zielen und Lösungsansätzen.
Im Kern der Methode steht ein Kartenset. Das Beispielkartenset kann ausgedruckt, ausgeschnitten, um eigene Begriffe ergänzt oder selber mit den Klient*innen erstellt werden. Auf jeder Karte findet sich ein Bedürfnis, zum Beispiel »Freundschaft«. Die Klient*in sucht sich Bedürfnisse heraus, die ihr persönlich wichtig erscheinen. Dann erarbeitet sie Strategien, die diese Bedürfnisse erfüllen könnten. Die Strategien schreibt sie auf leere Karten. Mit einer Auswahl an Bedürfnissen und Strategien wird dann das Bedürfnis-Memory gespielt. Dabei geht es darum, möglichst viele Paare an zusammenpassenden Bedürfnissen und Gefühlen zu finden.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1 – Bedürfnisse anschauen

Jede Klient*in erhält ein Set an Bedürfniskarten. Es können Vorlagen des Kartensets ausgedruckt werden, oder die Karten werden gemeinsam mit den Klient*innen erstellt. Einfache Vorlagen für Bedürfniskarten-Sets finden Sie in der Rubrik Materialien.

Anschließend wählt die Klient*in acht Bedürfnisse aus, die ihr besonders wichtig erscheinen. Die Klient*in legt ihre Bedürfnisse offen in einer Reihe vor sich hin. Es ist für den nächsten Schritt wichtig, die Karten in einer Reihe nebeneinander anzuordnen. Optional kann die Klient*in kurz ihre ausgewählten Bedürfnisse vorstellen und – wenn sie möchte – etwas dazu erzählen. Vielen Menschen fällt es schwer, über ihre Bedürfnisse zu sprechen. Deshalb sollte dieser Schritt sehr locker und vor allen Dingen ohne jeden Redezwang sein. Alle nicht verwendeten Bedürfnis-Karten werden jetzt zur Seite gelegt und von da an nicht mehr verwendet.

Schritt 2 – Strategien finden

Die Klient*in bekommt jetzt einen Stapel leerer Karten und einen Stift. Sie schreibt zu jedem Bedürfnis eine oder mehrere Strategien auf. Dabei beantwortet sie die Frage: »Wie kann ich das Bedürfnis befriedigen?« Bei den ersten Versuchen in der Arbeit mit dieser Methode ist in der Regel viel Unterstützung durch die Moderator*in gefragt. Insbesondere am Anfang kann ein gemeinsames Brainstorming möglicher Strategien unterstützend wirken. Nun wird jedem Bedürfnis eine Strategie zugeordnet. Die anderen Strategien werden zur Seite gelegt, ins Spiel kommt nur eine Strategie pro Bedürfnis.

Schritt 3 – Bedürfnis-Memory spielen

Jetzt werden die Karten gemischt und mit dem Geschriebenen nach unten gelegt. Die Klient*innen müssen jetzt so viele passende Paare wie möglich finden. Ein Paar ist dabei immer ein Bedürfnis und die dazu passende Strategie, zum Beispiel »Gesundheit – lernen, welche Speisen gesund sind« oder »Selbstbestimmung – allein meinen Einkaufszettel schreiben«. Wenn eine Klient*in ein Paar gefunden hat, so begründet sie kurz, warum das eine Strategie zum jeweiligen Bedürfnis ist. Das muss nicht unbedingt den ursprünglich niedergeschriebenen Paaren entsprechen, es kann auch eine neue Konstellation sein. Auf diese Weise können am Schluss Karten übrigbleiben, die nicht zusammenpassen. Im Anschluss diskutieren und verinnerlichen die Klient*innen die mitunter neu erschlossenen Handlungsoptionen für die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse und können das Spiel, je nach Durchhaltevermögen, an einem anderen Tag fortsetzen.

  1. Gerlinde Ruth Fritsch: Der Gefühls- und Bedürfnisnavigator. Junfermann, Paderborn 2010, S. 85 ff.]

Weiterführende Links und Literatur

UVO / KST