Methoden

Genogramm

Diese grafische Darstellung aller Familienmitglieder mehrerer Generationen stellt Beziehungen und Strukturen innerhalb einer Familie dar.

So werden wiederkehrende Muster, konfliktbehaftete Konstellationen und Zusammenhänge der Familiengeschichte mit der aktuellen persönlichen Situation deutlich.

Die Methode im Überblick

  • Anleitung: selbstständig erlernbar
  • Moderation: nein
  • Setting: im Einzelkontakt, in Gruppen
  • Dauer, Zeitaufwand: 45 – 90 Minuten
  • Anwendungsturnus: variabel
  • Material: Papier (möglichst großformatig) und Stifte

Anwendungsbereiche und Ziele

Ein Genogramm stellt Beziehungen und Strukturen innerhalb einer Familie grafisch dar. Im Genogramm werden sämtliche Familienmitglieder mehrerer Generationen sowohl der Herkunftsfamilie als auch der aktuellen Familienkonstellation aufgezeichnet. Wiederkehrende Muster in der Familiengeschichte können auf diese Weise erkannt und durchschaut werden. Das Genogramm dient als Grundlage oder Ergänzung für eine Familienaufstellung. Es wird auch in der Systemischen Therapie sowie im Paar- und Familiencoaching angewandt.

Kurzbeschreibung

Ein Genogramm ist ein spezielle Form eines Familienstammbaum: Es stellt Beziehungen und Strukturen innerhalb einer Familie mit Symbolen grafisch dar. Kreise stehen für Frauen, Vierecke für Männer. Mit senkrechten und waagerechten ‚Beziehungslinien‘ werden die Symbole miteinander verbunden. Die Generationenfolge wird von oben nach unten aufgezeichnet; ältere oben, die jüngeren nach unten. Jeweils links in einem Paar sind die Männer, rechts die Frauen angeordnet. Außer direkten Verwandten werden auch Geschwister und andere Angehörige eingetragen. Dazu gehören verschwundene Personen ebenso wie geschiedene Partner oder (früh) Verstorbene.
Die Personensymbole werden durch Angaben zur Art der Beziehung und entscheidende Lebensdaten ergänzt (zum Beispiel »Flucht«). Die ressourcenorientierte Genogrammarbeit wird eingesetzt, wenn die Reflexion familiärer Prägungen, Glaubenssätze und Überzeugungen für die Zielerreichung sinnvoll ist. Meist wird ein Genogramm über drei Generationen aufgezeichnet.

Das Genogramm gibt Fachkräften, einzelnen Klient*innen oder einer Familie einen Überblick über ihr Familiensystem. Auf diese Weise zeigen sich gewachsene soziale, personale, emotionale, ökonomische und politische Bedingungskonstellationen. Es werden Einschränkungen und Entfaltungen individueller Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch die Zusammenhänge der aktuellen persönlichen Situation mit der Familiengeschichte – einschließlich der Nachwirkungen verdrängter Schicksale, Erlebnisse, Krankheiten, Krisen, und Tabus – deutlich, die nun aus einer Meta-Perspektive analysiert, »sortiert«, reflektiert und somit besser verstanden werden können. Oft eröffnet sich ein neuer Blick auf die Vielfalt und die Ressourcen in der eigenen Familie.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1 – Überblick über Familienstruktur, Verwandtschaftsverhältnisse und Verbindungen innerhalb dieser Konstellation

Alle Personen, ihre Beziehungen (auch Pflege- oder Adoptivkinder), der Beziehungsstatus (Ehe, geschiedene Ehe, feste Partnerschaft, Affäre) und relevante Ereignisse werden mit dem betreffenden Symbol dargestellt. Am besten ist es, mindestens bis zu den Großeltern der Gegenwarts- und Herkunftsfamilien zurückzugehen, wenn möglich noch weiter bis zu den Urgroßeltern.
Die Beziehungen der einzelnen Mitglieder werden in Linien dargestellt. So kann zwischen Beziehungsabbruch, konfliktbeladener Relation, starker und guter Bindung, symbiotischer Bindung, sehr enger Bindung oder unauffälliger Verbindung differenziert werden.

Schritt 2 – Informationen über die Familie zusammentragen

Aus dem Überblick ergeben sich sehr unterschiedliche Informationen über die einzelnen Familienmitglieder. Doch welche Informationen über die Familie sind für ein Genogramm von Interesse? Wichtig ist es, sich die Geschichten, die sich innerhalb der Familie abspielen oder
abgespielt haben, aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen zu lassen. Tragen Sie schrittweise folgende Informationen zusammen:

  • demografische Informationen und Daten (Geburts- und Sterbedaten, Daten der Eheschließung, Scheidung, Daten anderer großer Ereignissen im Leben der Mitglieder der Familie)
  • weitere Recherche-Ergebnisse und Familien-Erzählungen (Was kann man in Erfahrung bringen – zum Beispiel über Bildungswege, Berufe, Krankheiten. Auch hier helfen oft Erzählungen von Angehörigen weiter. Was berichten die Eltern, die etwas wissen, was man selber gar nicht erlebt hat. Gibt es Zugang zu Zeugnissen, Berufsbescheinigungen oder Fotos?)
  • einschneidende Ereignisse im Familienstammbaum (einschneidende Ereignisse im Familienverband – wie Vertreibung, Flucht, plötzlicher Tod, Selbstmord oder Auswanderung, Traumata. Gerade letztere können sogar einige Generationen später Einfluss haben.)

Schritt 3 – Beschreibung der Verbindungen im Familiensystem

Dazu zählen die psychologischen Bindungen innerhalb der Familie. Wer hat mit wem einen guten Kontakt? Wer wohnt gemeinsam in einem Haushalt? Zu wem besteht gar kein Kontakt? Hierbei geht es um die Qualität von Beziehungen. Gerade dies sagt viel über sich wiederholende Muster und unbewältigte Konflikte aus.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

SPF / MSC / SIR