Methoden

Personenzentriertes Beratungsgespräch

Die Beraterin geht bei dieser Methode unvoreingenommen und mit bedingungsloser Wertschätzung auf die Klientin ein, sodass diese sich in einem sicheren Rahmen öffnen und von sich und ihren Problemen erzählen kann.

Während des Gesprächs bietet die Beraterin keine Lösungsansätze, sondern unterstützt die Klientin mit gezielten Fragen, ihre Gefühle benennen und verstehen zu können und aus sich heraus Lösungen zu entwickeln.

Zur Beschreibung dieser Methode verwenden wir beispielhaft nur die weibliche Form. Ein Beratungsgespräch kann natürlich mit und zwischen allen Geschlechtern stattfinden.

Die Methode im Überblick

  • Anleitung: Selbstständig erlernbar. Für tieferes Verständnis ist Training notwendig.
  • Moderation: keine
  • Setting: Einzelkontakt
  • Dauer, Zeitaufwand: 30 – 60 Minuten
  • Anwendungsturnus: variabel
  • Material: keines

Anwendungsbereiche und Ziele

  • Entlastungsgespräche im Betreuungsalltag
  • Hilfeplangespräche
  • Reflexionsgespräche
  • in allen Gesprächsformaten, in denen die Klientin dabei unterstützt wird, eigene Ziele und Wünsche zu formulieren

Kurzbeschreibung

Im Personenzentrierten Beratungsgespräch lässt sich die Beraterin ganz auf die Welt der Klientin ein und hört ihr ohne Interpretationen, Werturteile und Diagnosen zu. Dabei konzentriert sie sich nicht vornehmlich auf das Problem und die mögliche Ursache, sondern auf das Potenzial, die Möglichkeiten und die Fähigkeiten der Klientin. Sie weist die Klientin auf ihre Stärken hin und ermutigt sie, in kleinen Schritten Richtungsänderungen in ihrem Verhalten vorzunehmen. Die entsprechenden Auswirkungen werden in den folgenden Gesprächen wahrgenommen, sodass die Klientin mehr und mehr das Gefühl dafür entwickelt, eigenständig positive Entwicklungen und Fortschritte in ihrem Leben und Erleben herbeiführen zu können, um so aus eingefahrenen negativen Denk- und Handlungsmustern auszubrechen.1

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1 – Vorbereitung

Die Beraterin sorgt für eine ruhige und ungestörte Gesprächsatmosphäre und stimmt sich auf die Klientin sowie ihre möglichen Bedürfnisse und Erwartungen an das Gespräch ein. Aufzeichnungen vorangegangener Gespräche und der Praxisleitfaden dienen als Gedächtnisstütze2

Schritt 2 – Gesprächsverlauf

Es kann eine gute Idee sein, sich schräg gegenüber zu sitzen. So ist die Klientin nicht gezwungen, die Beraterin immer direkt anzuschauen. Sie kann ihrem Blick leichter ausweichen und sich freier fühlen, als wenn sie sich frontal gegenüber sitzen. Auch fühlen sich viele Menschen sicherer, an einem Tisch zu sitzen. Eine »offene«“ Sitzhaltung kann ein Gefühl von Unsicherheit auslösen.3
Zu Gesprächsbeginn werden das Thema und der zeitliche Rahmen festgelegt und die Klientin darüber aufgeklärt, dass ihr während des Gesprächs keine Lösungen präsentiert werden, sondern sie mithilfe der Beraterin selbst Lösungen für ihre Probleme erarbeiten soll.4 Hilfreich ist es, von Anfang an auf Gefühle und Empfindungen einzugehen. Die Beraterin führt die Klientin mit offenen Fragen durch den Gesprächsverlauf.
Eine ihrer Hauptaufgaben ist es, mittels folgender Vorgehensweisen das Gespräch zu strukturieren:

  • Verknüpfung von Gedanken über die Vergangenheit mit aktuellen Situationen5
  • vorsichtige Benennung immer wieder aufkommende Themen und Fragen nach einem möglichen Zusammenhang6
  • Zulassen von Gesprächspausen
  • Heraushelfen aus Gesprächsblockaden
  • Erkennen, Akzeptieren und Erklären negativer Gefühle7
  • Beschäftigung mit positiven Entwicklungen und Handlungsmöglichkeiten8

Schritt 3 – Gesprächsende

Die Beraterin fasst die wesentlichen Gedanken des Gesprächs zusammen und kann die Klientin auch direkt fragen, was sie aus dem Gespräch mitnimmt und was für sie besonders wichtig war. Es können auch gemeinsam nächste Schritte festgelegt werden.9
Es ist gut, ein Gespräch klar zu beenden. Das kann durch eine Zusammenfassung des Gesprächs und der nächsten Schritte erfolgen. Die Beraterin kann das Ende auch nonverbal unterstreichen, zum Beispiel, indem sie ihre Papiere zusammenräumt und aufsteht.10

Schritt 4 – Auswertung

Die Beraterin in Personenzentrierten Beratungsgesprächen kann ihre Rolle und Haltung mithilfe von Vorlagen auswerten, die unter Materialien › Fragebogen › MitarbeiterInnen Erfahrungsbogen (MEB) sowie › KlientInnen Erfahrungsbogen (KEB) zur Verfügung stehen.

  1. Marlis Pörtner: Ernstnehmen, Zutrauen, Verstehen – Personenzentrierte Haltung im Umgang mit geistig behinderten und pflegebedürftigen Menschen. Klett-Cotta, Stuttgart 2015, S. 31-133
  2. Sabine Weinberger: Klientenzentrierte Gesprächsführung – Lern- und Praxisanleitung für psychosoziale Berufe. Beltz Juventa, Weinheim und Basel 2013, S. 138
  3. ebd., S. 137
  4. Carl Rogers: Die nicht-direktive Beratung. Fischer, Frankfurt/Main 2020, S. 40
  5. Weinberger, a.a.O., S. 107
  6. ebd.
  7. Rogers, a.a.O., S. 44
  8. ebd., S. 45-50
  9. Weinberger, a.a.O., S. 107
  10. vgl. Matthias Hammer und Irmgard Plößl: Irre verständlich. Menschen mit psychischer Erkrankung wirksam unterstützen. Psychiatrie Verlag, Köln 2015, S. 84

Weiterführende Links und Literatur

JRO / UVO / KST