Methoden

Empowerment, JRO, KST, Methoden, Ziele-Leiter

Ziele-Leiter

Mittels einer Ziele-Leiter können Kund*innen ein persönliches Ziel definieren und mit Unterstützung realistische Teilschritte planen, um dieses Ziel zu erreichen.

Wichtig ist, tatsächliche Ziele der Kund*innen herauszuarbeiten – und nicht von außen gesetzte Erwartungen zu verfestigen.
Hilfreich kann (nicht muss) die Kenntnis des RAID-Ansatzes nach William Davies sein. Das Akronym RAID steht für: Reinforce Appropriate. Ignore Difficult & disruptive. Auf Deutsch heißt das: Angemessenes Verhalten verstärken. Schwieriges und störendes Verhalten ignorieren.

Die Methode im Überblick

  • Anleitung: selbstständig erlernbar, ein RAID-Training ist hilfreich
  • Moderation: keine
  • Setting: im Einzelkontakt
  • Dauer, Zeitaufwand: 30 bis 60 Minuten
  • Anwendungsturnus: einmalig oder wiederholt
  • Material: Zeichnung oder Ausdruck der Ziele-Leiter, Stift

Anwendungsbereiche und Ziele

  • im Hilfeplangespräch, um unrealistische Ziele und Träume der Klient*in in machbare Ziele zu übersetzen
  • in Krisensituationen, um einen Weg der kleinen Schritte aus der Krise zu entwickeln

Kurzbeschreibung

Der Blick in die Zukunft fällt vielen Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen besonders schwer. Sprechen wir über Zukunftsziele, so sind diese oft kaum erreichbar: auf einer griechischen Insel leben, Millionär*in oder Prinzessin sein, Hollywood-Schauspieler*in werden. Auch realistische Ziele sind für die meisten unserer Klient*innen, bedingt durch innere und äußere Barrieren, schwer zu erreichen: ein Job auf dem 1. Arbeitsmarkt, eine eigene Wohnung, heiraten und Kinder bekommen, sich leckeres Essen kochen, autonom über das eigene Leben entscheiden – alles keine Selbstverständlichkeiten. Wir möchten unsere Klient*innen auf dem Wege, ihre Ziele zu erreichen, unterstützen.

Wichtig dabei ist: Das Ziel muss von der Klient*in kommen und darf nicht von außen konstruiert werden. Darüber hinaus muss es ein lohnenswertes Ziel sein. Realistisch muss es nicht sein. Ist das »große« Ziel einmal gesetzt, so arbeiten wir an Schritten, die zu dem Ziel führen. In der täglichen Betreuungsarbeit werden dann diese »Schritte, die zum Ziel führen«, die eigentlichen Ziele. Wir definieren die Schritte gemeinsam mit der Klient*in. Sie sollen klein genug sein, damit sie realistisch sind und schnelle Erfolgserlebnisse bringen. Ist ein Schritt geschafft, gehen wir den nächsten gemeinsam. So wird der Weg zum Ziel. Erfahrungsgemäß verliert das große ursprüngliche Ziel schnell an Bedeutung, insbesondere wenn es nicht sehr realistisch war.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

Schritt 1 – Eine Ziele-Leiter zeichnen

Für diese Methode zeichnen wir eine Leiter mit 5 oder 7 Stufen und eine mehrzeilige Tabelle daneben. Wir nummerieren jede Tabellenzeile, beginnend mit 1 ganz unten und 5 ganz oben. Download Ziele-Leiter-Vorlage

Schritt 2 – Das Ziel benennen

Die Kund*in schreibt in ein leeres Feld über der Leiter und Tabelle ein langfristiges Ziel. Es ist wichtig, dass das Ziel von der Kund*in kommt und nicht von der Betreuer*in. Außerdem muss die Kund*in das Ziel wirklich wollen. Es darf also kein Ziel sein, von der die Kund*in denkt, dass andere es von ihr erwarten.

Schritt 3 – Schritte zum Ziel erarbeiten

Die Betreuer*in und die Kund*in erarbeiten gemeinsam Schritte, die sie dann in die entsprechenden Tabellenzeilen an die verschiedenen Stufen der Leiter schreiben.

Schritt 4 – Erfolgskontrolle

Wichtig ist eine regelmäßige Erfolgskontrolle. Wo steht die Kund*in aktuell auf der Leiter? Sind die nächsten Schritte realistisch? Macht es vielleicht mehr Sinn, den untersten Schritt ganz oben auf eine neue Leiter zu setzen? Vielleicht hat sie damit schon genug zu tun?

Schritt 5 – Wenn’s nicht weitergeht

Nicht immer erreicht die Klient*in ihre Ziele. Oft schafft sie nicht einmal die erste Stufe der Leiter. Es gibt eine ganze Reihe an Gründen, warum die Klient*in nicht weiterkommt, zum Beispiel:

  1. Das vereinbarte Ziel ist gar nicht das Ziel der Klient*in.
  2. Das Ziel ist nicht in ihrer »Sprache« geschrieben.
  3. Ihr fehlen Ressourcen, um das Ziel zu erreichen.
  4. Die Betreuer*in übersieht Bedürfnisse der Klient*in, die vielleicht gar nichts mit dem Ziel zu tun haben.
  5. Der Klient*in fehlen grundlegende Fähigkeiten, um das Ziel zu erreichen.
  6. Gesellschaftliche Barrieren stehen dem Ziel im Weg.
  7. Der Klient*in ist nicht klar, wie sie das Ziel erreichen könnte.
  8. Die Klient*in hat Angst vor dem Scheitern.
  9. Die Klient*in hat Angst vor dem Erfolg.
  10. Die Klient*in arbeitet an zu vielen Zielen gleichzeitig.
  11. Es ist nicht genügend Zeit vorhanden.
  12. Das Ziel ist unerreichbar.
  13. Das Ziel unterfordert die Klient*in.
  14. Die Klient*in hat keinen Spaß daran, Ziele zu erreichen.
  15. Es lohnt sich für die Klient*in nicht, das Ziel zu erreichen.
  16. Zwischenzeitlich hat sich die Situation der Klient*in geändert und sie möchte das Ziel gar nicht mehr erreichen.
  17. Personen im engeren Umfeld der Klient*in unterstützen ihre Ziele nicht.
  18. Die Klient*in ist zu müde oder zu krank, um an dem Ziel zu arbeiten.
  19. Die Klient*in hat das Ziel einfach nicht im Blick oder hat es gar vergessen.1

Wenn die Gründe gefunden sind, können die Betreuer*in und die Kund*in das Ziel neu und realistischer definieren oder die Teilschritte zum Ziel besser an die Gegebenheiten anpassen.

  1. Rapp, Charles / Goscha, Richard (2006): The Strengths Model. A Recovery-Oriented Approach to Mental Health Services, Third Edition. Oxford: Oxford University Press

Weiterführende Links und Literatur

Davies, William (2000): The RAID Manual. A relentlessly positive approach in working with extreme behaviour. Leicester (UK): APT Press

Verwandte Seiten

JRO / KST